- Gewerbebesteuerung
- 1. Entwicklung: Ursprünglich reine ⇡ Realsteuer oder ⇡ Ertragsteuer, die geschichtlich auf Zunftabgaben zurückgeht und mit Einführung der Gewerbefreiheit voll ausgebildet wurde. Mit dem Aufkommen des Grundsatzes der persönlichen Leistungsfähigkeit im Steuersystem (⇡ Steuergerechtigkeit, ⇡ Leistungsfähigkeitsprinzip) verlor die G. relativ an Bedeutung.- 2. Charakterisierung: Eine vollständige, alle Produktionsfaktoren umfassende ⇡ Gewerbesteuer versucht, den Ertrag des Kapitals in einer Gewerbekapitalertragsteuer, den Ertrag der Arbeit in einer Lohnsummensteuer (mit Wirkung für das Veranlagungsjahr 1980 außer Kraft) zu erfassen; vorausgesetzt wird, dass sich die Erträge der Faktoren isolieren lassen; dies ist ein unlösbares Analyseproblem. Daneben wird versucht, den Gesamtertrag eines Gewerbebetriebes in einer Gewerbeertragsteuer zu erfassen; dann aber ist jede Einzelfaktorsteuer aus systematischen Gründen überflüssig.- Wird nur eine der Einzelfaktorsteuern, etwa die Lohnsummensteuer, abgeschafft, liegt eine (allokativ nachteilige) einseitige Kapitalbesteuerung vor bzw. eine Begünstigung des Faktors Arbeit, z.B. aus beschäftigungspolitischen Gründen.- 3. Probleme: a) Abgrenzung des Steuerobjekts „Gewerbebetrieb“ sowie des „Gewerbes“ und der „gewerblichen Tätigkeit“ von jeder anderen Art der selbstständigen wirtschaftlichen und beruflichen Tätigkeit.- b) Die Gewerbesteuer stellt nach dem Anteil an der Lohn- und Einkommensteuer die wesentlichste Einnahmequelle der Gemeinden dar. Wegen der hohen Konjunkturreagibilität der Gewerbeertragsteuer erscheint sie jedoch als ⇡ Gemeindesteuer wenig geeignet (⇡ Gemeindesteuersystem).- c) Sehr unterschiedliche Entwicklung des Aufkommens der Gewerbesteuer von Gemeinde zu Gemeinde.- d) Als Gemeindesteuer versucht man die G. mit der Feststellung zu rechtfertigen, dass Gewerbebetriebe erhöhte Verkehrs- und Sozialkosten von den Gemeinden erfordern (Äquivalenzgedanke); heute jedoch nicht mehr vorbehaltlos akzeptiert, da auch andere Gemeindeleistungen erforderlich sind (Schulen, Krankenhäuser, Aufschließung von Wohngebieten).- e) Ein steuersystematischer Fremdkörper, wie die gesamte ⇡ Ertragsbesteuerung, da die Einkommensbesteuerung ausgebaut ist (Doppelbesteuerung des Ertrags).- 4. Immer wieder steht daher eine grundlegende Reform der G. zur Diskussion (⇡ Gewerbesteuer), die über eine Abschaffung der Mängel der geltenden Gewerbesteuer weit hinausreicht. Die vom Wissenschaftlichen Beirat beim Bundesfinanzministerium 1982 vorgeschlagene ⇡ Wertschöpfungsteuer z.B. soll nicht allein die Gewerbebetriebe belasten, sondern alle in einer Gemeinde lebenden und arbeitenden Bürger. Damit erweitert sich das Problem der G. zu dem des optimalen ⇡ Gemeindesteuersystems.
Lexikon der Economics. 2013.